Mittwoch, 23. Oktober 2013

Wie kommt man nur auf die Idee, sich als Blogger Jagerhansl zu nennen?

"Inventar nach dem Absterben der Maria Neuhold, Ehewirtin des Johann sel. [...] Johann Neuhold, vulgo Jager, besitzt einen kaufrechten Acker samt Hubweingarten nebst Behausung [...]" (aus einem Urbar um ca. 1750)

Wenn man am Land aufwächst, so gab und gibt es neben dem "zivilrechtlichen" Nachnamen des Eigentümers etwas viel Wichtigeres: Den an das Haus und den Hof gebundenen Hausnamen oder Vulgonamen.

So wurde aus dem Jager und dem z.B. auf Karten des Vermessungsamtes immer noch eingetragenen Jagahansl schließlich der seit mehreren Generationen von unserer Familie verwendete Jagerhansl.

Noch vor rund 20 Jahren erzählten manche, dass sie den Weg zu uns wie folgt fanden: "Entschuldigung, wo wohnt da die Familie Strohmeier?" "Strohmeier? Hm. Kenn i net!" "Die verkaufen Pfirsiche" "A so, da Pfirsichbaua Jagerhansl, do fohrn's so..."

Auch hat es mich in der HAK immer ein wenig gestört, wenn ebenfalls ländliche Kolleginnen* sich für das Nebenerwerbsbauerndasein (und einen Vulgonamen) fast geschämt haben, während ein guter Freund und ich immer ein wenig stolz darauf waren, so etwas zu haben.

Dem Vorschlag meines sehr geschätzten Chefs zu Universitätsassistentenzeiten, den Vulgonamen doch ins Telefonbuch eintragen bzw. auf die Visitenkarte dazu drucken zu lassen bin ich zwar bisher noch nicht gefolgt, aber so ein Blog ist eine gute Gelegenheit, solche sonst sehr schnell in Vergessenheit geratene Dinge etwas ins Bewusstsein bringen zu können.

Und so schreibt hier also der alte Jagerhansl (ja, das bin ich seit der Geburt meines Sohnes im Jahr 2007) inmitten der Kleiners, Lebers, Steris, Kainachers, Deichtmoars und Grobnhiasls lebend.

In der Pension werde ich dann hoffentlich auch Zeit finden zu recherchieren, wo der Vulgoname meiner Mutter (Tobbich - ausgesprochen wie eine Kombination des englischen "day" mit dem deutschen "wach") seinen Ursprung hat.

Übrigens werde ich zwei Dinge so schnell auch nicht vergessen:

Den mitleidigen Blick des äußerst freundlichen aber nur als schrullig zu bezeichnenden Mitarbeiters des Landesarchivs ob der Tatsache, dass wir in der HAK die alten Schriften nicht lernten, die zum Entziffern alter Urkunden nötig sind (er hat sich dann erbarmt...) und auch sein triumphierendes "Ha, ihr Vorfahre war ein Kapitalist!" ob der Erkenntnis aus oben angeführtem Inventar, dass es da neben vielen anderen penibel aufgeführten Dingen auch eine Herdplatte gab - etwas, das damals viele nicht hatten.

Montag, 21. Oktober 2013

Rating-Agenturen für Forums-Poster!

Ein paar Anmerkungen eines Uraltposters von derStandard.at (ca. 2500 Postings seit Mitte 2000 – das sollte für eine Rasterfahndung reichen) zu Kommentaren auf Facebook und Tweets von Armin Wolf und Herrn Hebestreit zur Klarnamen- und Qualitätsproblematik in Online-Foren. 


Vielleicht bin ich etwas altmodisch, weil ich nur poste, was ich auch als Leserbrief einschicken könnte (wobei das natürlich nur sehr bedingt vergleichbar ist) – und weil ich (nur?) vielleicht drei, vier Mal bewusst untergriffig geworden bin (als Reaktion auf ad hominem Angriffe) – somit naiverweise glaube, dass die gute Kinderstube ausreichen sollte.

Aber die Kritiker haben Recht, es gibt immer mehr Postings in immer mehr Foren, die ein Kopfschütteln hervorrufen – nur sollte man ein wenig aus dem österreichischen Tageszeitungs-Biotop hinraus gehen und vielleicht  ein paar Diskussionen z.B. auf dem Newsticker von www.heise.de verfolgen - das entspricht im Vergleich einem alten Antel-Film im Verhältnis zu den Sachen, die sich heutzutage Schulkinder am Smartphone ansehen können.

Und wenn die Kritik über den Untergang des Postingabendlandes von Leuten kommt, die selbst monatelang als agent provocateur posten, bekommt diese Aufregung einen schalen Beigeschmack.

Trotz allem bin ich ein Verfechter der Möglichkeit, unter einem Pseudonym im Sinne eines Künstlernamens zu arbeiten. Ich habe den im Standard auch beibehalten, als es da vor einiger Zeit eine Option zur Umstellung gab.

Warum? Nun, auch ein Postername hat eine gewisse, lange erarbeitete street credbility (jetzt im Sinne von Bekanntheitsgrad), die man nicht so einfach über Bord wirft.

Auch geht es manchmal um Äußerungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen bzw. geschäftlichen Tätigkeit zu Konflikten führen könnten.

Aber ein für mich wesentlicher Punkt ist auch die auf die Sekunde eingrenzbare Nachvollziehbarkeit des Postens selbst:

Das Surfen im Internet ist weitgehend anonym; das ewig lange Tratschen am Gang, der Aufenthalt in der Kaffeeküche und auch die x. Zigarette im Freien bleiben unregistriert – das Posten in der Dienstzeit (auch nach dem "Fair-Use-Prinzip") ist es nicht.

Die Zahl derer, die das Posten als Teil des Berufs und ihrer Aufgabe wahrnehmen können und sollen, ist enden wollend – und eine Forums-Diskussionskultur mit Postings rein in der Freizeit und am Wochenende verdorrt meiner Meinung nach sehr schnell.

Was ist aber die Lösung des Dilemmas, wie geht man vor, um ein Forum (von allen rechtlichen Aspekten jetzt einmal ganz abgesehen) von hetzerischen, sexistischen und kriminellen Postings frei zu halten?

Sorry, DIE Lösung habe ich auch nicht (sonst wäre ich jetzt nach Diktat verreist und suchte mir einen Venture-Kapitalgeber).

Aber meiner Meinung nach kann der Weg nur über Qualität statt Quantität gehen – solange Medien über reine Klickzahlen honoriert werden, haben sie nur die Wahl zwischen zwei Übeln.

Daher ein paar lose angeordnete Ideen (und sollte mir jetzt jemand mit der Elitarismuskeule kommen – dem bzw. der erzähle ich gerne per persönlichem Mail etwas über meine Biographie).

Somit (dass ich dieses Wort einmal positiv besetzt verwenden muss!):

Rating-Agenturen für Poster!


Die Grundidee besteht darin, Leserinnen* von Foren ein Profil erstellen zu lassen, welche Postings sie sehen wollen, je nachdem, ob sie von einem AAA oder einem E-Poster stammen – eventuell versehen mit einer Option, zufallsgesteuert auch eine bestimmte Zahl anderer Beiträge zu sehen, um nicht immer im eigenen Saft zu schmoren.

Diese Kriterien ließen sich auch teilweise von den Forumsbetreibern schon bei der Registrierung erzwingen:
  • verifizierter Klarname bzw. verifizierter Klarname gegenüber dem Forumsbetreiber,
  • registrierte Mail-Adresse nicht von einem Freemail-Provider (sorry, gmail.com, outlook.com etc. .pp.),
  • Zahl der geblockten Postings,
  • Zahl der Minus- und Plus-Bewertungen,
  • Textqualität der Postings (da gibt die Informationswissenschaft einiges her),
  • "Soziogramme" und "Zitationszirkeln" unter den Postern,
  • Impact-Faktoren errechnet z.B. auch aus der Tatsache, dass die Forumsteilnehmerin*  bloggt, in anderen Foren aktiv ist, twittert,
  • "Empfohlen-von"-Adelung durch Moderatorinnen* und Top-Posterinnen*,
  • bessere Sortiermöglichkeiten (auch nach Zahl der positiven und/oder negativen Bewertungen auf- und absteigend. 

Und was spricht dagegen, die Teilnehmerinnen* an den Foren beim Posten darüber zu informieren, dass das Posting vom Rechner mit der IP xxx.xxx.xxx.xxx abgeschickt wurde?

Warum nicht in den Foren auch transparenter sein, und bekannt geben, wie oft die Daten von Posterinnen* wegen zivilrechtlicher Ansprüche und/oder strafrechtlicher Verfolgung herausgegeben werden mussten?


All diese Maßnahmen bedeuten Aufwand, sie kosten Geld – aber ich vermute mal, sie rechnen sich, wenn man der Werbewirtschafte nicht nur eine hohe Anzahl von Klicks, sondern auch eine vielleicht geringere Anzahl von "qualifizierten" Klicks nachweisen kann.

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Fake-Newsflash: Bundesregierung privatisiert - Laienspieltruppe übernimmt

Laienkrippenspieltruppe Kikeritschpatschen gewinnt einzigartigen Auftrag 

LKSK, die weltweit führende Laienkrippenspieltruppe, hat heute bekannt gegeben, einen Vertrag zur Aufführung einer Bundesregierung gewonnen zu haben. Es ist dies das erste Mal, dass das österreichische Wählervolk eine derartige Aufgabe in private Hände gibt.

LKSK wird Generalunternehmer des Sparvereins Unterstinkenbrunn, der wiederum Vertragspartner der Österreicherinnen und Österreicher ist. Der Auftrag hat ein Volumen von rund 1.000.000 EUR und wurde mit einer vorläufigen Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen.

Dieser Vertrag bietet rund 10 Schauspielerinnen*, zwei Ochsen, zwei Eseln und fünf Schafen einen sicheren Arbeitsplatz mit hohem Sozialprestige. Zusätzlich wird das Betreuungsteam des LKSK (Zeugwart, Schriftführer, Kassier etc.) für die Arbeitslust und Betreuung der Bundesregierung sorgen. Darüber hinaus übernimmt LKSK mittels befreundeter Vereine (Taubenzüchterverein St. Pölten, Schnupftabaksammelverein Oberstinkenbrunn u.ä.) die Universitäten, das öffentliche Gesundheitswesen und die Parteiakademien.


Karl "DaGscherte" Sackpower, Regisseur der LKSK, zeigte sich sehr erfreut darüber, dass LKSK als Austragungsorgansiation der nächsten Regierung ausgewählt wurde. Das markiere für ihn das erstmalige Auftreten auf Bühnen, auf denen die ganz großen Räder gedreht würden, überhaupt sei das erste Mal überhaupt so eine Aufgabe in Österreich an eine professionelle Laienspieltruppe vergeben worden. Es freut uns sehr, mit unseren erstklassigen und billigen Aufführungen das Publikum überzeugt und mit Ochs und Esel erfahrene Akteure für das Vortäuschen von Kompetenz und Führungsqualität an der Spitze der Regierung in unseren Reihen zu haben.

(inspiriert vom wirklichen Leben: Wir sind (noch) in Österreich)

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Weggeworfene Lebensmittel und (zu einfache?) Lösung

User @adlerhorst68 hat auf Twitter ein Bild gepostet, das gerade ob der Schlichtheit besonders aufrüttelnd ist:


Warum ist es nicht möglich, in eines der Gesetze unserer von der Dicke des Klopapiers bis zur Größe von Äpfeln regulierten Welt, ein paar simple Paragraphen einzubauen, ungefähr folgenden Inhalts:

§ 1 (1). Das Entsorgen noch genussfähiger Lebensmittel in größeren als haushaltsüblichen Mengen über Wege der Abfallwirtschaft ist verboten, soferne sich im Umkreis von 5 km anerkannte gemeinnützige Organisationen befinden, die solche Lebensmittel unentgeltlich an Bedürftige abgeben.

(2) Beim Zutreffen von Abs. 1 sind die Lebensmittel der Organisation mindestens zwei mal pro Woche zuzustellen bzw.im Falle von Kleinunternehmen bis zu einem jährlichen Umsatz von unter EUR 100.000,-- zur Abholung zu ortsüblichen Zeiten anzubieten.

(3) Die Grenze nach Abs. 1 erhöht sich auf 25 km so ferne die Organisationen anbieten, die Lebensmittel abzuholen oder abholen zu lassen.

(4) Im Falle mehrerer möglicher Empfänger bzw. Bewerber obliegt dem Gewerbetreibenden die freie Auswahl.

§ 2. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat jährlich per Erlass eine Liste der gemäß § 1 Abs. 1 berechtigten gemeinnützigen Organisationen zu veröffentlichen.

§ 3 (1). Strafbestimmungen. Zuwiderhandlungen sind mit dem zehn- bis im Wiederholungsfall hundertfachen Verkaufswert der Lebensmittel zu ahnden. Bei gewerbsmäßigen Verstößen sind Haftstrafen bis zu 3 Monaten auszusprechen.

(2) Eingenommene Strafgelder sind nach Rechtskraft an die gemäß § 1 Abs. 1 berechtigten Organisationen zu gleichen Teilen auszuschütten.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Ein Mosaiksteinchen zu Schwächen unseres Bildungssystems

Gestern war ich als Elternvertreter einer Klasse bei der Jahreshauptversammlung des Elternvereins. Es handelt sich dabei um einen äußerst engagierten und umtriebigen Verein der durch vielfältige Aktivitäten auch Gelder erwirtschaftet, die zum Wohl der Schule und der Schülerinnen* eingesetzt werden.

Einmal im Jahr trägt die Schulleitung auch die Wünsche vor, also der Dinge und Projekte, deren Kosten - zumindest teilweise - vom Elternverein übernommen werden sollen.

Heuer ist am Wunschzettel auch eine Schullizenz für eine Lernsoftware, Kostenpunkt rund € 500,--

Der Wunsch ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit finanzierbar.

Nur: Was machen Schulen, die keinen solchen Elternverein haben bzw. deren Elternverein auf Grund der Schulgröße nicht genug geldbringende Aktivitäten starten kann, um das zu übernehmen? Diese Kinder fallen durch den Rost.

Was ist mit den kostenlosen Schulmitteln, wenn wir uns langsam darauf hinbewegen, hier öffentlich nur eine "Grundversorgung" sicherzustellen? Haben wir dann statt der früher vielfach geschmähten "Krankenkassabrillen" die "Ministeriumslehrbehelfe"?

Und dabei geht es, nach einer vereinfachten Rechnung vergleichsweise um Peanuts: Mal nach einer vereinfachten Rechnung:

Wir hatten im Schuljahr 2011/12 laut Zahlenspiegel des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur 3.135 Volksschulen mit 17.929 Klassen. Somit kostete bei Einzelerwerb von sagen wir vier CDs aus einer Reihe das ganze 6,27 Millionen Euro. Als österreichweite Lizenz somit nur einen Bruchteil dieser Summe.

Aber dafür haben wir natürlich kein Geld.